Allein das Wort Intensivpflege erzeugt bei vielen Menschen Bilder von Maschinen, Kabeln, Krankenhauszimmern und Pflegekräften, die alles überwachen.
Für Angehörige kann das einschüchternd wirken, für Betroffene beängstigend.
Doch diese Vorstellungen entsprechen längst nicht der Realität. Insbesondere in der außerklinischen Intensivpflege, also der Pflege außerhalb des Krankenhauses.
Wir möchten mit diesem Beitrag aufräumen und zeigen die häufigsten Mythen über Intensivpflege, klären Missverständnisse auf und geben gleichzeitig Einblicke, wie Pflege zu Hause funktioniert.
Mythos 1: Intensivpflege bedeutet immer Krankenhaus
Viele glauben, dass Intensivpflege ausschließlich in Kliniken möglich ist. Doch das stimmt so nicht.
Dank moderner Pflegekonzepte und technischer Hilfsmittel können Patient:innen auch zuhause intensivmedizinisch versorgt werden. Professionelle Pflegekräfte übernehmen Aufgaben wie Beatmung, Medikamentengabe, Lagerung oder Überwachung der Vitalwerte. Rund um die Uhr.
Vorteile der häuslichen Intensivpflege:
- Vertraute Umgebung: Patient:innen bleiben in ihrem Zuhause, was die Lebensqualität erheblich steigern kann.
- Flexibilität: Pflegepläne können individuell auf Bedürfnisse und Tagesabläufe angepasst werden.
- Angehörigenunterstützung: Familien werden aktiv entlastet, ohne dass sie selbst rund um die Uhr da sein müssen.
Mythos 2: Beatmungspflege ist nur für ältere Menschen
Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass Beatmungspflege hauptsächlich ältere Leute betrifft. In Wahrheit kann sie jeden treffen, unabhängig vom Alter.
Wer benötigt konkret Beatmungspflege?
- Menschen mit neurologischen Erkrankungen wie ALS oder MS.
- Personen nach schweren Unfällen oder schwerer Erkrankung, die die Atemmuskulatur schwächen.
- Kinder und Jugendliche, die aufgrund von angeborenen Fehlbildungen oder schweren Krankheiten beatmet werden müssen.
Beatmungspflege kann invasiv (über Trachealkanüle) oder nicht invasiv (über Maske) erfolgen. Beide Varianten lassen sich sowohl im Krankenhaus als auch zuhause sicher betreuen.
Mythos 3: Zuhause ist Intensivpflege nicht sicher:
Viele Angehörige fürchten, dass die Pflege zuhause nicht dieselben Sicherheitsstandards bietet wie ein Krankenhaus. Diese Angst ist in so einer Situation verständlich, entspricht aber nicht der Realität.
Die Fakten:
- Pflegekräfte sind speziell ausgebildet für außerklinische Intensivpflege.
- Moderne Beatmungsgeräte, Monitore und Notfallpläne gewährleisten Sicherheit rund um die Uhr.
- Über kontinuierliche Schulungen und Qualitätskontrollen bleibt das Pflegelevel hoch. Oft sogar höher als in einer überfüllten Klinik.
Mythos 4: Intensivpflege bedeutet keinen normalen Alltag mehr
Das Patient:innen müssen nach Beginn der Intensivpflege ihr gewohntes Leben vollständig aufgeben ist falsch.
Die Realität sieht anders aus:
- In Beatmungs-WGs oder bei häuslicher Pflege kann der Tagesablauf individuell gestaltet werden.
- Patient:innen können Hobbys nachgehen, soziale Kontakte und sogar kurze Ausflüge machen mit Begleitung der Pflegefachkraft.
- Selbstbestimmung wird großgeschrieben, denn Patient:innen entscheiden über Tagesablauf, Mahlzeiten und Freizeitaktivitäten.
Mythos 5: Angehörige müssen alles allein organisieren
Ein häufiger Mythos: Wer einen pflegebedürftigen Angehörigen zuhause betreut muss alle organisatorischen Aufgaben selbst übernehmen.
Wie wir unterstützen:
- Überleitungsmanagement: Von der Klinik nach Hause werden alle Schritte geplant. Von Pflegekräften über Hilfsmittel bis hin zu Anträgen bei Pflegekassen.
- Pflegeplan: Individuell zugeschnitten auf die Bedürfnisse des Patienten, inkl. Lagerung, Mobilisation und medizinischer Maßnahmen.
- Hauswirtschaftliche Unterstützung: Einkaufen, Kochen, Reinigung. Damit Angehörige entlastet werden.
Mythos 6: Intensivpflege ist immer unpersönlich und klinisch
Viele denken, dass Pflege rund um die Uhr nur aus medizinischen Handgriffen besteht. Dabei spielt die zwischenmenschliche Betreuung eine bedeutende Rolle.
Denn:
- Pflegekräfte bauen ein Vertrauensverhältnis zu Patient:innen und Angehörigen auf.
- Emotionale Unterstützung, Begleitung bei Aktivitäten und Gespräche sind ein fester Bestandteil der Pflege.
- Moderne Konzepte wie individuelle Pflegepläne und personalisierte Tagesabläufe fördern ein Gefühl von Normalität.
Mythos 7: Pflege ist nur medizinisch, nicht psychologisch relevant
Intensivpflege ist viel mehr als nur medizinische Maßnahmen.
Sie bietet:
- Psychologische Unterstützung beim Umgang mit Ängsten, Depressionen oder Einsamkeit
- Motivation durch Übungen, Mobilisation und Förderung der Selbstständigkeit.
- Soziale Betreuung durch Austausch, Aktivitäten und Teilnahme am Familienleben.
Tipps für Angehörige: So finden Sie die richtige Intensivpflege
- Frühzeitig informieren: Sprechen Sie mit Ärzt:innen und Pflegeberater:innen über Möglichkeiten und Rechte.
- Überleitungsmanagement nutzen: Professionelle Unterstützung sorgt für einen reibungslosen Übergang von Klinik nach zuhause.
- Pflegekräfte gezielt auswählen: Achten Sie auf Qualifikation, Erfahrung und zwischenmenschliche Kompetenz.
- Technik verstehen: Kennen Sie Geräte wie Beatmungsgeräte, Monitore oder Absauggeräte, um Sicherheit zu gewährleisten.
- Selbstfürsorge nicht vergessen: Angehörige brauchen Pausen, Beratung und Entlastung, um langfristig für die Pflege bereit zu sein.
Fazit:
Intensivpflege ist komplex, ja aber sie ist nicht das, wovor viele Menschen zuerst Angst haben. Mythen wie „immer Krankenhaus“, „keine Lebensqualität“ oder „Angehörige müssen alles alleine machen“ entsprechen nicht der Realität.
Mit professioneller, außerklinischer Intensivpflege, individuellen Pflegeplänen, betreuten Beatmungs-WGs und inkompetentem Überleitungsmanagement können Patient:innen sicher, selbstbestimmt und lebenswert gepflegt werden. Mitten in der eigenen Umgebung.